Hans Krása, Zygmund Schul, Viktor Ullmann, Gideon Klein, Ilse Weber. Warum kennt heute kaum jemand mehr diese Namen? Ein Blick auf die Lebensdaten dieser Menschen genügt, um zu sehen, woran dies liegen könnte. Denn was diese Menschen miteinander verbindet, sind mindestens drei Dinge: Sie waren jüdischen Glaubens. Sie haben zeitlebens mit beachtlichem Erfolg Musik komponiert. Und sie sind in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs in Konzentrationslager deportiert und dort von Vertretern des nationalsozialistischen Regimes ermordet worden. Dass die Erinnerung an diese Menschen dennoch gegenwärtig gehalten und ihre wunderbare Musik wieder hörbar gemacht wird, dafür sorgt die Compania, ein Ensemble für Neue Musik vom Theater Münster, mit seinem aktuellen Programm „Schwarze Milch der Frühe“. Dieses Programm, dessen Titel dem epochalen Gedicht „Todesfuge“ von Paul Celan entnommen ist, präsentierten drei Mitglieder des Ensembles – Mihai Ionescu (Geige), Elisabeth Fürniss (Cello) und Svenja Ciliberto (Bratsche) – am Mittwoch, den 26. November, in der Aula den Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen EF und Q1. Als Moderatorin eröffnete Svenja Ciliberto ebenso bewegende wie mitunter schwer erträgliche Einblicke in das individuelle Leben der Komponistinnen und Komponisten wie in das kollektive Sterben in den Konzentrationslagern, wo Musik dazu missbraucht wurde, den allgegenwärtigen Schrecken zynisch zu konterkarieren. Mit ihren Ausführungen traf die Moderatorin wiederholt ins Mark, mehr noch erreichte das Ensemble mit der souverän und sensibel interpretierten Musik. Die nämlich traf direkt ins Herz. Auch wenn alle Kompositionen im Zeichen des Leides und des Todes standen, waren sie dennoch vielfältig: eine Fuge für Streichtrio (Hans Krása), zwei chassidische Tänze (Zygmund Schul), zum Abschluss ein intimes, unsagbar trauriges Stück von Ilse Weber. Nach einer Dreiviertelstunde endete diese außergewöhnliche Kulturveranstaltung. Was danach bleibt, ist die Erinnerung an Menschen, deren Leben von den Nazis ausgelöscht wurde, deren Musik aber bis heute fortlebt – auch dank des Ensembles Compania.
Dr. Michael Bähr